Think Tank in Graz

Mit einem speziellen Thinktank waren wir Mitte Juni erstmals in Graz zu Gast. 

Nach der Begrüßung durch den Hausherrn Dr. Thomas Wegscheider, dem Leiter des Clinical Skills Center der MedUni Graz, und einem kurzen Überblick über die Anliegen und Aktivitäten des BVRD.at durch unseren Vizepräsidenten Clemens Kaltenberger gaben zwei packende Vorträge Einblicke in zwei ganz unterschiedliche Themenwelten.

Univ.-Prof. Dr. Kurt Zatloukal gab einen faszinierenden Einblick in die Welt der Hochrisikopathogene. Als Leiter des Diagnostic and Research Center for Molecular Biomedicine an der Medizinischen Universität Graz war er mit seinem Team während der SARS-CoV-2-Pandemie an vorderster Front in der Gewinnung neuer Erkenntnisse rund um die Erforschung des neuen Krankheitserregers tätig. Im BLS-3-Labor der MedUni wurden unter anderem Autopsien durchgeführt, um Todesursachen festzustellen und Risikobewertungen durchzuführen, es wurden Schädigungsmechanismen erforscht, Diagnostika entwickelt, neutralisierende Antikörper, antivirale Medikamente und Nasensprays getestet und Dekontaminationsverfahren erprobt. Darüber hinaus wurde die eigens entworfene PPE im Feldeinsatz getestet und es wird an der Umsetzung zahlreicher innovativer Lösungen gearbeitet, von einer verbesserten persönlichen Schutzausrüstung bis hin zu Smart Textiles mit Biosensoren und einem verbesserten Atemschutz.

Im zweiten fachlichen Input des Abends stand das Crew Resource Management im Mittelpunkt. Dabei ging Dipl.-Ing. Lucas Pflanzl-Knizacek, MA, BSc, Mitglied im European Resuscitation Council und Co-Founder von „Patientensicherheit“, der Frage auf den Grund, welche Faktoren in erster Linie dabei mitspielen, weshalb das Wettkampfteam des Grazer Medizinercorps bei internationalen Sanitätswettbewerben besonders gute Ergebnisse erzielt. Für den CRM-Spezialisten geht klar hervor, dass dafür nicht die – ohnedies vorausgesetzten – fachlichen Kompetenzen („techs“) den Ausschlag geben, sondern das zwischenmenschliche Know-how („notechs“). Siegerteams zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie das „Start-Stop-System“ anwenden, der Teamleader viele Fragen stellt, eine Closed-loop-Kommunikation stattfindet und sich die Teammitglieder mit Namen ansprechen. Wenn wir davon ausgehen, dass ein Großteil der Fehler im Rettungswesen durch die sogenannten „Human Factors“ verursacht sind, zieht Lucas Pflanzl-Knizacek den positiven Umkehrschluss: 70–80 % der Fehler können durch menschliche Faktoren verhindert werden. 

Die Teilnehmer:innen des Thinktanks kamen im Anschluss an die Vorträge und Diskussionen in den Genuss zweier besonderer Highlights: einer Führung zum BLS-3-Labor der Grazer MedUni sowie einer Tour durch das außergewöhnliche Skills Center für Medizinstudierende.